Makabres Jubiläum

 

 

 Heute habe ich ein kleines Jubiläum. Fünfzehn  Jahr liege ich nun in der Kiste zwei Meter unter der Erde. Mir geht es gut. Mit zu verdanken habe ich dies meiner Cousine.

 

Kurz vor meinem Ableben riet sie mir, einen Eichensarg als letzten Wohnsitz auszusuchen. Nichts anderes, denn Eiche wäre gesünder als alles andere, was so angeboten würde. Nicht nur in dieser Hinsicht  folgte ich ihrem Rat. Schon frühzeitig hatte sie mich gedrängt, eine Patientenverfügung zu unterschreiben, der es den Ärzten und Schwestern untersagte, mich an so eine grässliche Lebenserhaltungsmaschine zu hängen. So richtig begeistern konnte sie mich dafür nur, als sie mir auseinander setzte, dass ich dann auch nur noch künstlich ernährt werden könne und auf das angewiesen sei, was mir vorgesetzt, bzw. durch die Sonde verabreicht werde.

 

Nichts mehr von wegen meiner geliebten Rumpsteaks oder Schweinshaxen. Diese Argumente wirkten überzeugend auf mich.

 

 

 

 So sagte ich einfach Adieu und schlich mich eines Nachts von dannen. Als ich dann des Morgens so  still und mausetot im Bett lag, stellte ich erfreut fest, dass ich an meinem Todestag weit mehr Besuch bekam, als dies zur Zeit meiner Krankheit der Fall war. Ich vermute, die meisten kamen nicht, weil sie mich zum letzten Male sehen wollten, nein, wahrscheinlich kamen sie alle, um sich zu überzeugen, dass ich wirklich abgetreten war. Tränchen hier und Tränchen da, umgebettet, Deckel zu!

 

Zwei kräftige Zivildienstleistende schoben mich dann zur Abstellkammer, anschließend durfte ich letztmals mit dem Auto fahren. Das war recht feierlich, der Chauffeur und sein Beifahrer hatten extra ihre dunklen Anzüge angezogen  und nach der Ankunft wurde ich sogar nochmal gewaschen. Aus nahe liegenden Gründen konnte ich nicht mehr duschen, obwohl mir danach war. Irgendwer hatte mir  Klamotten besorgt, man zog mir meinen neuesten Sakko über ein weißes Hemd, der untere Körperteil, für den sich fortan sowieso niemand mehr interessierte, selbst meine alles andere als prüde Cousine nicht, wurde einfach abgedeckt. Man schob mich in eine Halle mit Fenstern, damit mich alle nochmal sehen und in Erinnerung behalten konnten.

 

Neben mir lag ein Mann namens Hornickel, ich hätte mich gerne mit ihm unterhalten, aber er antwortete auf keine meiner Fragen. War richtig unhöflich der Kerl! Am nächsten Tag wurde er abgeholt und ich habe ihn nie wieder gesehen.

 

 

 

Richtig Spaß gemacht hat mir dann die Beerdigung. Selbst durch den geschlossenen Sargdeckel konnte und durfte ich mit Erstaunen hören, was für ein guter Mensch von der Welt uns gegangen sei, was er Gutes getan, lieb zu seiner Familie gewesen und eine halbe Stunde Lobhudelei in den höchsten Tönen. Erstaunt drehte ich mich um. Die haben tatsächlich mich gemeint, denn nebenan wurde zurzeit keiner begraben. Nach dem Pfarrer spielte die Feuerwehrkapelle das Lied vom alten Kameraden und der Hauptmann hielt eine Rede, die mit den Worten endete: Machs gut Kamerad, leb wohl!

 

 

 

Ein kurzes Kommando, dann wurde der Sarg abgelassen. Das letzte was ich vernahm war ein stilles Schluchzen und die Worte des Vorsitzenden unseres Sportvereins: „Der zahlt auch keinen Beitrag mehr“. Jetzt wurde es nochmal richtig laut um mich, Schaufeln von Sand wurden auf mich draufgeworfen, es wurde immer dunkler und mit der Zeit stiller.

 

So lag und liege ich noch immer ganz allein in meiner gesunden Eiche. Ab und an bekam ich Besuch von ein paar kitzelnden und kribbeligen Würmer- und Käferlein. Sie sahen mich nicht als Delikatesse an und ließen mich fortan in Ruhe. Ganz verworren hörte ich manchmal Stimmen, ja ich verstand sogar meinen Namen. Um sicher zu sein, dass ich nochmal aufmüpfig werden könnte, legte man einen großen Stein auf mein Grab. Selbst nach meinem Ableben traute man mir noch einiges zu.

 

Mit der Zeit gewöhnte ich mich an meine Lage und fragte mich, ob ich denn nun in der Hölle oder im Himmel sei. Es ist weder besonders heiß hier unten, noch umschwirren mich hossianabrünstige Engelein.

 

 

 

Um mir die Zeit zu vertreiben, stelle ich mir vor, wie es da oben auf der Erde zugeht. Hier ein Aufstand, da ein Krieg, Klimawandel, Überschwemmungen, Trockenheiten und auch die Verwandt- und Nachbarschaft schlägt sich die Schädel ein. Die Menschen werden geklont, von meinen Lieblingsthemen Liebe und Sex spricht keiner mehr.

 

Kurzum: Es gibt nichts, was mich zur Auferstehung bewegen könnte.

 

 

 

Doch…es gab etwas: Ich erwachte aus einem schönen Traum!!!

 

 

 

                                                                                      

 

                                                                                                    (c) by KuK

 

 

 

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